Geschlechtsneutrale Pronomen

In einigen Geschichten taucht das Wörtchen “xier” auf. “Xier” ist ein Pronomen, dass statt “sie” oder “er” benutzt wird, wenn eine Figur nicht weiblich oder männlich ist. Vielleicht handelt es sich um ein Kind und es ist für die Geschichte egal, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist. Oder es handelt sich um eine Fantasiefigur ohne Geschlecht. Oder es geht um eine Person, die weder weiblich, noch männlich ist. Oder ein bisschen von beidem.

Was sind Pronomen?

Um über andere Personen zu sprechen, gibt es Pronomen. Das passiert in Geschichten ja ziemlich oft! Um eine Frau zu beschreiben gibt es das Pronomen “sie”, für Männer “er” und manchmal wird auch “es” genutzt, zum Beispiel für Kinder, oder für Tiere.

Und wann benutzt man “xier”? Dafür müssen wir ein bisschen ausholen.

Geschlechter: Männer, Frauen, und was noch?

In unserer Kultur wurde lange Zeit davon ausgegangen, dass es nur zwei Geschlechter gibt: Entweder du bist eine Frau, beziehungsweise ein Mädchen, oder ein Mann, beziehungsweise ein Junge. “Zwei” auf Lateinisch heißt “Bi”, deshalb spricht man auch vom binären Geschlechtssystem. Darin finden sich viele Menschen nicht wieder. Das hat unterschiedliche Gründe:

Das biologische Geschlecht

Es gibt biologische Merkmale, mit denen Menschen den Kategorien “Frau” und “Mann” zugewiesen werden. Einige dieser Merkmale sind leicht sichtbar, wie ein Bart oder Brüste. Wenn man nackt ist, kann man auch einen Teil der Geschlechtsorgane von außen sehen. Um zu sehen, ob ein Mensch Eierstöcke oder eine Gebärmutter hat, braucht es schon ein Ultraschallgerät. Und Chromosomen oder Hormone kann man nur im Labor sichtbar machen.

Wenn man so ein biologischen Merkmale für sich betrachtet, kann man es leicht in die Kategorien “weiblich” und “männlich” einordnen. Die Wirklichkeit ist aber viel spannender: Die Merkmale sind in jedem Mensch einzigartig zusammengesetzt und die Übergänge fließend. Zum Beispiel bei Männern mit vollen Lippen und langen Wimpern. Oder bei Frauen mit wenig Rundungen und viel Körperbehaarung. Oder bei Personen mit Bart und Gebärmutter.

Zu den biologischen Geschlechtern gehören unter anderem inter*, weiblich oder männlich.

Die Geschlechtsidentität

Und dann gibt es noch eine Ebene, die man überhaupt nicht sehen kann. Das ist die Geschlechtsidentität. Alle Menschen sind Lena ist eine cis Frau: Bei ihrer Geburt wurde aufgrund der biologischen Geschlechtsmerkmale festgelegt, dass sie in die Kategorie “weiblich” fällt. Und sie sieht das genauso. Sie ist eine Frau – das weiß sie einfach. Und zwar unabhängig davon, was sie im Spiegel sieht. Egal ob sie ein Kleid trägt oder sich die Haare kurz schneidet, sie bleibt immer eine Frau und wenn sie andere als Frau bezeichnen, fühlt sich das für sie gut an.

Wenn das Thema Geschlechtsidentität für dich neu ist und dein biologisches Geschlecht mit deiner Geschlechtsidentität übereinstimmt, ist es für dich vielleicht schwer vorstellbar, dass es überhaupt anders sein könnte. Das ist aber durchaus keine Seltenheit.

Genau wie die biologischen Merkmale sind auch Geschlechtsidentitäten fließend. Dazu gehören unter anderem agender*, nicht-binär, trans*/cis weiblich und trans*/cis männlich.

sie + er = sier → xier

Es gibt also so viele Abstufungen und Besonderheiten, wie es Menschen gibt. Da reichen zwei Pronomen einfach nicht aus. Vor allem, wenn sie mit zwei so stark voneinander abgegrenzten Kategorien verknüpft sind.

Dafür gab es in der deutschen Sprache lange keine Möglichkeiten. Zum Glück gibt es aber Menschen, die sich schon seit vielen Jahren Alternativen überlegen. Dazu gehört Illi Anna Heger. Illi verwendet das Pronomen “xier”, was Lena ebenfalls benutzt. Außerdem erklärt xier ganz genau, wie das eigentlich mit der Grammatik funktioniert und zeigt Beispielsätze. Es gibt sogar einen Comic!

“Xier” in Lenas Geschichten

Wenn du diese Erklärungen liest, sind geschlechtsneutrale Pronomen wahrscheinlich noch neu für dich und können sehr ungewohnt klingen. Lena hat auch schon die Rückmeldung bekommen, dass sie schwierig vorzulesen sind oder Kinder “xier” als Namen einer Figur missverstehen.

Trotzdem ist Lena davon überzeugt, dass inklusive Sprache für eine inklusive Welt unentbehrlich ist. Bis dahin braucht es einfach noch ein bisschen Geduld und Übung.

Pronomen im Alltag

Grundsätzlich können natürlich alle Menschen selbst entscheiden, mit welchen Pronomen sie angesprochen werden wollen. Einige weitere Beispiele sind ze/hir, per/per, dey/dem, e/em, deren/denen, they/them, mensch oder der Name. Einige Varianten davon werden in Zukunft bestimmt auch hier auftauchen.

Auch nicht-binäre Personen können “er” oder “sie” als Pronomen benutzen – das macht sie aber nicht männlich oder weiblich. Wenn du dir unsicher bist, frag doch in einem passenden Moment höflich nach.

Wenn dir eine Person erklärt, welche Pronomen du für sie benutzen sollst, erklärt dir dieser großartige Comic (auf Englisch), wie du dich verhalten solltest.

Automatisch geschlechtsneutral sind die Pronomen “ich”, “du”, “ihr”, “wir” und “sie” in der Mehrzahl.

Pronomen ändern

Deine Geschlechtsidentität ändert sich nicht. Auch wenn eine Person erst im Laufe ihres Lebens bekannt gibt, dass ihre Geschlechtsidentität von dem ihr zugeordneten oder dir bisher bekannten Geschlecht abweicht – irgendwie gewusst hat sie es wahrscheinlich schon immer. Vielleicht hat ihr bis dahin nur die passende Bezeichnung oder der Mut gefehlt. Den meisten Menschen wird bei der Geburt ja schon ein Geschlecht zugeordnet und anerzogen und das so selbstverständlich, dass wir es oft gar nicht hinterfragen.

Sehr wohl ändern können sich aber deine Pronomen, denn für viele Menschen ist es aktuell noch schwierig, Pronomen zu finden, die für sie stimmig und passend sind.

Sich selbst vorstellen

Eine gute Idee, die vor allem cis-Menschen direkt umsetzen können, ist, sich selbst immer mit Pronomen vorzustellen. Also zum Beispiel: “Ich bin Lena und meine Pronomen sind sie und ihr.” Vielleicht hast du auch schon auf Instagram oder anderen Netzwerken gesehen, dass hinter dem Namen die Pronomen genannt werden, also Lena (sie/ihr). Damit wird es ein Stück normaler, dass man Menschen ihre Geschlechtsidentität nicht unbedingt ansieht.

Anstelle von Pronomen kannst du auch immer den Namen einsetzen: “Das ist Lena und das sind Lenas Geschichten.” Wenn du den Namen nicht kennst oder nicht nennen möchtest, kannst du auch auch mit “Person” oder “Mensch” umschreiben: “Eine Person hat mir von Lenas Geschichten erzählt.”

Noch mehr Links und Ressourcen:

Wenn du frisch in das Thema biologisches Geschlecht und Geschlechtsidentität einsteigst oder darüber mit Menschen in deinem Umfeld sprechen möchtest, kann ich dir die wunderbare Genderbread Person (auf Englisch) ans Herz legen.

LiebesLeben erklärt, was eigentlich Geschlechteridentität und Geschlechtervielfalt bedeutet.

Das Missy Magazine erklärt noch einmal genauer, was cis bedeutet.

Wenn du Feedback oder Input zum Thema hast, freu ich mich sehr über deine Kommentare.

Vielen Dank an Effi für die großartige und geduldige Unterstützung!